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Köhlers Afghanistan Interview – ungekürzt!

Präsident Köhler

Bundespräsident Köhler war in Afghanistan. Und sorgt am Rande für mache Klarstellung – allerdings wohl eher ungewollt. Ein Interview beim Deutschlandfunk wurde nachträglich gekürzt – um eine Passage, die es in sich hat.
Köhler äußerte bei seinem Besuch zunächst Zweifel an der Kampfmoral der deutschen Soldaten, wie die Bild am Sonntag berichtet:

Nach Information von BILD am SONNTAG zog Köhler in einem Gespräch mit den Soldaten indirekt deren Siegeszuversicht in Zweifel: Er habe einige Soldaten gefragt, wie zuversichtlich sie seien.
Auf das Schweigen der Soldaten hin habe Köhler einen neben ihm stehenden US-Presseoffizier gefragt: „What do you think about Afghanistan?“ (Was denken Sie über Afghanistan?). Der Offizier habe geantwortet: „I think we can win this“ (Ich glaube, wir können das gewinnen).
Daraufhin habe sich Köhler wieder den deutschen Soldaten zugewandt und gesagt: „Warum höre ich das nicht von Ihnen?“

Dann will Köhler in einem Interview mit dem Deutschlandfunk alles wieder gut machen. Und das geht daneben:
Köhler sorgt sich um den Rückhalt des Bundeswehreinsatzes in der Bevölkerung, gemessen im „Respekt“, der den Soldaten entgegen gebracht wird:

… wir brauchen einen politischen Diskurs in der Gesellschaft, wie es kommt, dass Respekt und Anerkennung zum Teil doch zu vermissen sind, obwohl die Soldaten so eine gute Arbeit machen

In der beim Deutschlandfunk veröffentlichen Fassung endet das Interview mit dem folgenden Satz:

Ich glaube, dieser Diskurs ist notwendig, um einfach noch einmal in unserer Gesellschaft sich darüber auszutauschen, was eigentlich die Ziele dieses Einsatzes sind.

Tatsächlich geht es geht so (Originalton) bei Minute 2:30 weiter:

Und aus meiner Einschäötzung ist es wirklich so, wir kämpfen dort auch für unsere Sicherheit in Deutschland. Wir kämpfen dort im Bündnis mit Alliierten.auf der Basis eines Mandats der Vereinten Nationen.Alles das heißt, wir haben Verantwortung.Ich finde es in Ordnung, wenn in Deutschland darüber immer wieder auch skeptisch mit Fragezeichen diskutiert wird.

Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern , die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg

Frage: Muss sich Deutschland daran gewöhnen, dass Soldaten, die in einem bewaffneten Konflikt stehen, manche nennen es einen Krieg, auch tot aus dem Einsatz nach Deutschland zurück kommen?
Köhler:
Wir haben ja leider diese traurige Erfahrung gemacht, dass Soldaten gefallen sind und niemand kann ausschließen, dass wir auch weitere Verluste irgendwann beklagen müssen.Ich habe mich davon überzeugen können in Mazar i Scharif, dass von der militärischen Führung wirklich jede Professionalität und Gewissenhaftigkeit sowohl in der Frage der Ausbildung als auch der Ausrüstungbefürfnisse vorhanden ist. Aber es wird wieder sozusagen Todesfälle geben. Nicht nur bei Soldaten, möglicherweise auch durch Unfall mal bei zivilen Aufbauhelfern. Das ist die Realität unseres Lebens heute. Man muss auch um diesen Preis sozusagen seine am Ende Interessen wahren. Mir fällt das schwer das so zu sagen , aber ich halte es für unvermeidlich, dass wir dieser Realität ins Auge blicken. Deshalb halte ich es auch nach der Diskussion über den Begriff Krieg oder kriegsähnlichen Zustand oder bewaffneter Konflikt für ganz normal, wenn die Soldaten in Afghanistan von Krieg sprechen. Und ich hab’s auch für normal gehalten, dass ich dann auch im Gespräch mit ihnen dann nicht eine andere verkünstelte Formulierung gewählt habe.

„Alles das soll diskutiert“ werden, aber offenbar nicht veröffentlicht werden.
Dabei hatte doch erst kürzlich Kanzlerin Merkel vor am 22.4.2010 in einer Regierungserklärung militärische Einsätze zur Staatsräson erklärt:

Militärische Zurückhaltung und der Einsatz militärischer Mittel als Ultima Ratio – das ist Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland, und zwar verbunden mit der politischen Verantwortung, die wir aufgrund unserer wirtschaftlichen Stärke, unserer geografischen Lage im Herzen Europas wie auch als Mitglied unserer Bündnisse wahrnehmen.

Und um den Bestand und das Gewicht dieses Bündnisses, das die Freiheit der Wirtschaft weltweit militärisch sichern soll, geht es in Afghanistan – im Konkreten allerdings wohl weniger um Handelswege und offene Märkte, insbesondere wenn man an das Hauptexportgut Afghanistans denkt, bei dem es dieses arme Land zum Weltmarktführer gebracht hat.

Comments

  1. […] Infos bei der grünen Friedensinitiative. Afghanistan, Aussenpolitik, frieden, Horst Köhler, […]


    Der Kriegspräsident
    23. Mai 2010
  2. […] Danke für die Offenheit, Herr Köhler. Wir haben keine Verteidigungsarmee, wir haben eine staatliche Witschafts-Interventionsarmee .Von wegen humanitäre Gründe… […]

  3. Hallo liebe Leute,

    ich habe eine Strafanzeige gegen unseren Bundeshorst erstellt und erstattet.

    Lesbar und als PDF-Download unter http://bundeshorst.wordpress.com

    Bitte weitergeben. Danke :-)

    Laevus Dexter


    Laevus Dexter
    25. Mai 2010
  4. Am besten wir schießen uns alle gegenseitig tot.
    Dann herrscht die berühmte ruhe im karton.
    Wie damals der führer gibt sich dann zum schluß selbst die kugel.
    Oder wir stampfen nach und nach, oder schmeißen die waffen ins meer, dann wird das wasser eisenhaltiger und der es dann trinkt hat dann vielleicht auch wieder , oder besser gesagt kann sich dank eines besseren rückrades besser aufrichten und gerade machen.
    Könnte doch sein …..oder?


    Hans-Jürgen Hartmann
    26. Mai 2010
  5. […] seinen Äußerungen zu Außenhandel und Krieg Aufsehen erregt. Genau mit jenen Passagen, die der Deutschlandfunk zunächst nicht im Wortlaut verbreitete. Doch der ehemalige IWF-Direktor ist kein Imperialist aus dem 19.Jahrhundert. Er erklärt den […]

  6. […] von Wirtschaft und Krieg aufklärten. So auch auf dieser Seite, wo wir den vollen Wortlaut am 23.5. veröffentlichten. Uns bescherten diese Äußerungen ungeahnte Zugriffszahlen. JournalistInnen wie Ulrike Winkelmann […]

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