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Junge Männer ohne Perspektive

Außenminister Westerwelle hat in der Bundestagsdebatte am 10.2.2010 zum neuen Afghanistan Mandat ausgeführt:

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Es geht darum, diejenigen anzusprechen, deren Gefolgschaft die Macht der Taliban und der Terroristen erst ausmacht. Wir wollen die Mitläufer von dem harten terroristischen und fundamentalistischen Kern trennen. Diese Mitläufer sind junge Männer ohne Perspektive, die meist weder lesen noch schreiben können, die für ein paar Dollar bereit sind, zur Waffe zu greifen.

Der frühere grüne Bundestagsabgeordnete Winni Nachtwei hatte dazu in einem Interview mit Stephan Löwenstein von der FAZ in dessen blog schon konkrete Vorschläge gemacht:

Man sollte den Vorschlag von General Vollmer sehr ernst nehmen, 2500 zusätzliche Polizisten mit deutschen Mitteln zu bezahlen. Denn Kundus rutscht weg und ist mit den jetzigen Kräften nicht zu halten. Auch mehr Isaf-Soldaten würden nicht die Lösung bringen. Es ist eine sehr schnelle Aufstockung der Polizei nötig. Die afghanische Regierung ist aber dazu im Norden nicht bereit.

Wie teuer das wäre hat Winni Nachtwei auch durchgerechnet:

Wenn Deutschland 2500 Polizisten für Kundus finanzieren würde, würde das nach meiner Rechnung neun Millionen Dollar für zwei Jahre kosten.

Rechnen wir kurz nach: 9 Mio Dollar sind 6,54 Mio EUR macht pro Jahr 3,27 Mio EUR. Dann hat man bei 2500 Polizisten einen Aufwand für Ausrüstung, Lohn, Logistik von 1308 EUR pro Jahr und Mann, oder pro Tag von rund 3,60 EUR. „Polizist“ zu sein in Afghanistan, das ist nicht ungefährlich:
Der Guardian nennt folgende Zahlen für das Jahr 2008 aus dem Innenministerium der Islamischen Republik Afghanistan:

According to the Ministry of the Interior, 1,290 policemen were killed last year and 2,393 wounded – 4.5% of the official total.

und fügt hinzu, dass diese Zahlen nach Schätzungen des EU Beauftragten Ettore Sequi zu niedrig sind:

But Sequi, in a note to the EU’s foreign policy chief, Javier Solana, warned that the percentage of policemen killed could be more than double that because the official number of police is grossly inflated by staff who only exist on paper for the benefit of corrupt officials who collect their salaries.
The so-called „shadow police“ problem means that the proportion of officers killed „might be rather closer to 10%“, Sequi warns.

Stellt sich also die Frage, ob sich wirklich Menschen finden, die für nicht einmal 4 EUR pro Tag einen Job übernehmen, bei dem die Wahrscheinlichkeit ein Jahr heil zu überleben bei 90% liegt.
Die Frage stellte Löwenstein auch Winni Nachwei:

Könnte man auf die Schnelle überhaupt so viele geeignete Bewerber rekrutieren?
Diese Frage habe ich auch gestellt. Klar, das ist ein Problem, aber (da) war General Vollmer zuversichtlich, gerade wegen der Arbeitsmarktsituation dort.

Die Armut ist also groß genug. Das Angebot von weniger als 4 EUR auch? Bei Michael Moore finden wir einen Artikel aus der Londoner Times:

The Taleban is known to pay about $10 (£5.95) a day to recruit local fighters.

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