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Ralf Fücks und seine Frauenrechtlerin aus Afghanistan


Ralfs Fücks, Vorstand der Böll Stiftung hatte in einem Offenen Brief die EKD Vorsitzende Bischöfin Käßmann wegen ihrer Neujahrspredigt hart angegangen. Grünen KritikerInnen hielt er u.a. einen “Brief afghanischer Frauen” entgegen, die sich anläßlich der Bundestagsabstimmung zum ISAF Mandat für eine Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes aussprachen: Ralf Fücks wörtlich:

“… empfehle ich den … beigefügten Offenen Brief afghanischer Frauenrechtlerinnen zur Frage der Mandatsverlängerung für die ISAF-Truppen. Vielleicht beeindruckt das mehr als meine Argumente. Wir haben als Stiftung ein Büro in Kabul und arbeiten vor Ort mit Menschenrechtsgruppen, Parliamentarierinnen und lokalen Projektpartnerinnen zusammen.”

Die erste Unterzeichnerin des Briefes ist:
Shah Gul Rezai, Abgeordnete im Parlament der Islamischen Republik
Afghanistan
Zu ihren Vorstellungen von Frauenrechten äußerte sich Frau Shah Gul
Rezai im Zusammenhang mit dem Schiitischen Familiengesetz am 16. April 2009 auf einer Pressekonferenz in Kabul so:

”If anyone has criticism, they can discuss the issue logically, not emotionally. We have consulted scholars and religious people while approving the law. We don’t see anything that’s against women’s rights.”

Einen Tag vor dieser Pressekonferenz demonstrierten in Kabul Frauen gegen dieses Familiengesetz. Und bei Tagesschau.de konnte man lesen:

Hunderte Männer haben in Kabul eine Demonstration afghanischer Frauen gegen das umstrittene geplante Familiengesetz gestoppt. Dabei wurden die Demonstrantinnen mit Steinen beworfen. Das Gesetz hatte international für Empörung gesorgt.

Worum geht es bei dem Gesetz,

“das Frauen in Afghanistan nach Ansicht von Menschenrechtlerinnen sogar weniger Rechte einräumt als unter den Taliban” Spiegel-online?

In Artikel 132 des Gesetzes heißt es zum Beispiel, wie man bei Spiegel-online weiter nachlesen kannn:

“Die Frau ist verpflichtet, den sexuellen Bedürfnissen ihres Mannes jederzeit nachzukommen.” Wenn der Mann nicht auf Reisen sei, habe er mindestens jede vierte Nacht das Recht auf Geschlechtsverkehr mit seiner Frau. Ausnahmen kämen nur bei Krankheiten der Frau in Frage. Ähnlich mittelalterlich hört sich auch Artikel 133 an. Darin ist festgehalten, dass Ehemänner ihre Frauen von jeder “unnötigen” Beschäftigung abhalten können…Nur aus medizinischen oder rechtlichen Gründen kann die Frau das Haus ohne das Einverständnis des Ehemannes verlassen.

Was ist davon zu halten, wenn die in Kabul mit einem Büro vertretene und daher bestens informierte Böll Stiftung, der diese Positionen der Abgeordnete Frau Shah Gul Rezai kaum verborgen geblieben sein können, hierzulande mit der Unterschrift dieser Politikerin, für die weitere Unterstützung des Krieges wirbt und sie gleichzeitig als “Frauenrechtlerin” vorgestellt? Früher nannte man das Kriegspropaganda.
Was kritisierte Ralf Fück noch an Bischöfin Käßmann? Richtig, es war

“die zur Routine gewordene Unart, im Brustton der höheren Moral politische Handlungsanweisungen zu erteilen.”

Wilhelm Achelpöhler

Comments

  1. Man kann nur hoffen, dass Ralf Fücks da etwas aus dem Internet blind rausgefischt hat und es sich bei den Erstunterzeichnerin nicht etwa um eine der von ihm erwähnten Projektpartnerinnen der Böllstiftung handelt.


    Stefan Riese
    5. Februar 2010
  2. Den Brief hat Ralf Fücks nicht im Internet gefunden. Der Brief wurde im Büro der Böll Stiftung in Kabul verfaßt. Kann man auf der Seite der Böll Stiftung nachlesen. Da steht:

    „Ende November 2009 fand daher auf Einladung des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Kabul/Afghanistan ein Treffen mit Vertreterinnen afghanischer Organisationen statt, um über die Lage in Afghanistan anlässlich der anstehenden Abstimmung im Deutschen Bundestag zu diskutieren. Die kurzfristig ausgesprochene Einladung wurde von den Frauen mit großem Interesse aufgenommen. Sie wurden um ihre Einschätzungen und ihre auf Erfahrung basierenden Analysen gebeten, um den verschiedenen Positionen in Deutschland mit afghanischen Perspektiven zu begegnen. Ein Ziel war, die Verschiedenheit der Aussagen afghanischer Frauen zu ihrer Situation und der Rolle der internationalen Gemeinschaft zu transportieren.

    Als Ergebnis der mehrstündigen Diskussion ist der unten stehende offene Brief afghanischer Frauen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages entstanden.“
    http://www.boell.de/internationalepolitik/asien-7916.html


    admin
    6. Februar 2010
  3. Frau Käßmann hat Recht: Nichts ist gut in Afghanistan. Und daran werden auch noch zehn Jahre Krieg gegen einen nicht wirklich fassbaren Gegner nichts ändern. Schon gleich gar nichts sollte sich „der Westen“ auf seine „moralisch höheren“ Standards einbilden. In Deutschland stehen vielleicht die Rechte der Frauen im Gesetzbuch (das Wahlrecht übrigens auch erst seit nicht einmal 100 Jahren), aber trotzdem haben Kinder aus bildungsfernen Familien eine signifikant schlechtere Ausbildungsprognose. Ganz abgesehen davon, was wir Frauen und Kindern weltweit antun mit unserem „Geiz ist geil“ – ich verweise auf Kinderarbeit in Entwicklungsländern und Fabriken in Asien, in denen Frauen zum Hungerlohn Akkordarbeit leisten, damit wir unseren billigen Krimskrams überall bekommen. Und was ist mit den Umweltschäden, die überall auf der Welt für „unser“ Erdöl, Kohle und Uran angerichtet werden? Bevor „wir“ uns anmaßen, anderen Ländern zeigen zu wollen, was Menschenrechte und was wir für Gutmenschen sind, sollten wir uns erstmal an der eigenen Nase fassen und vor der eigenen Tür kehren.


    Hans-Martin Hoffmann
    19. Februar 2010

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