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Drops noch nicht gelutscht. GRÜNE Bundestagsfraktion doch für Militärausbildung durch Bundeswehr im Irak?

Der Bundestag wird erst Ende Januar über die Entsendung von 100 Bundeswehrsoldaten in den Irak abstimmen. In der Hauptsache sollen diese dann in Kurdistan-Irak lokalen kurdischen Milizen eine Militärausbildung angedeihen lassen. Inwieweit dieser Beschluss die Tür für weitere militärische Verwicklung öffnet, soll an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden. Stattdessen ein Blick auf die Positionierung der GRÜNEN Bundestagsfraktion: Wird sie mehrheitlich gegen die Regierungsvorlage stimmen? So sah es nämlich noch am 1.9.2014 aus. Damals ging es um die Waffenlieferungen nach Kurdistan-Irak, die von der GRÜNEN Fraktion abgelehnt wurden. Im eigenen Entschließungsantrag hieß es:

»Der Bundestag spricht sich gegen die von der Bundesregierung beschlossene Lieferung von Waffen aus Deutschland in den Irak aus.«

Eine Veröffentlichung der Fraktion vom 16.10.2014 befand: »Waffenlieferungen sind Öl ins Feuer«.

Im November 2014 begrüßte dann die Hamburger BDK, »dass sich die große Mehrheit der grünen Bundestagsfraktion gegen die Pläne der Bundesregierung Waffen zu liefern entschieden hat«, respektierte »jedoch auch die Gewissensfreiheit der Abgeordneten, die zu einer anderen Einschätzung gelangt sind.«  (BDK-Beschluss 2014 S.7)

Mit dem letzten Passus wurde der Minderheit um den Parteichef Özdemir die Hand gereicht. Wir erinnern uns an die Yogamatte unterm Arm, mit der man den ISIS nicht stoppen könne.

Soweit, so bekannt. In diesen Tagen geht es nun um eine Maßnahme, die auf den (von der GRÜNEN Fraktion für falsch gehaltenen) letalen Waffenlieferungen aufsetzt: Die entsprechende Militärausbildung, die bisher im deutschen Hammelburg stattfand und zukünftig im Irak laufen soll.

Am 1.9.2014 sah die Fraktion im eigenen Entschließungsantrag die Dinge so: »Der Bundestag begrüßt ebenfalls die Unterstützung der dortigen kurdischen Autonomieregierung durch nichtletale Ausstattungshilfe und gegebenenfalls auch Ausbildung von kurdischen Kräften.«

Helme, Gulaschkanonen und Verbandszeug ja, aber keine Waffenlieferungen – also auch keine entsprechende Militärausbildung! Lautete die Position. Und: Ausbildung nur an „nicht-letalen“ Gerätschaften wie der Gulaschkanone.

Das war 2014. Aber BDK vorbei, neues Jahr, neue Position. Bei der ersten Lesung im Bundestag am 15.1.2015 hielt Frithjof Schmidt die (einzige) GRÜNE Rede und nahm die Gradwendung gleich in den ersten 30 Sekunden vor:

»Um es klar zu sagen: Meine Fraktion hält auch die militärische Ausbildung von kurdischen Kämpferinnen und Kämpfern für einen sinnvollen Beitrag dazu. Das hat ja auch bisher schon stattgefunden, allerdings nicht vor Ort im Irak, sondern hier in Deutschland. Das war gut so.«

Nun also auch ein GRÜNES Ja zu Ausbildung an letalen Gerätschaften wie Gewehren, Milan-Panzerabwehrraketen etc.! Was sind vor diesem Hintergrund die vielen schönen Parteibeschlüsse in Sachen Waffenexporte wert?

Dennoch bedauerte Frithjof Schmidt am Ende seiner Rede: »Ich kann meiner Fraktion – und ich sage: leider – bisher nicht empfehlen, einem so formulierten Mandat zuzustimmen.«

Als Grund gab er an, dass es die Bundesregierung politisch und verfassungsrechtlich vermasselt habe. Einen Beschluss des UN-Sicherheitsrats habe die Regierung nicht einmal angestrebt, die juristische Konstruktion sei nicht verfassungskonform. Die entsprechende Kritik liest sich im entsprechenden der GRÜNEN FRIEDENSINITIATIVE so:

»Neben dem Völkerrecht setzt das Grundgesetz Auslandseinsätzen der Bundeswehr zusätzliche Grenzen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat klargestellt, dass Bundeswehreinsätze im Ausland vom Grundgesetz nur zugelassen sind, wenn diese zur Verteidigung oder im Rahmen und nach den Regeln von UNO oder NATO erfolgen. Deshalb ist weder ein lokaler „Hilferuf“ oder der Beschluss einer Koalition der Willigen ausreichend, um die Bundeswehr im Ausland einzusetzen. Ein ausdrückliches Mandat des UN-Sicherheitsrates liegt aber nicht vor. Hier wird eine rechtliche Schleuse geöffnet!«

Insofern: So weit, so gut. Leider bietet Frithjof Schmidt im Namen der GRÜNEN Bundestagsfraktion jedoch eine eigene abenteuerliche und ebenfalls nicht verfassungskonforme Variante an: Mittels eines EU-Beschlusses könne man alles »heilen«! Dann Zustimmung der GRÜNEN Fraktion? O-Ton Frithjof Schmidt:

»Herr Außenminister, ich verstehe in diesem Zusammenhang nicht, warum die Bundesregierung nicht wenigstens einen Beschluss der Europäischen Union herbeigeführt hat, der die Mitgliedstaaten zu Ausbildungsmissionen im Irak auffordert. Das könnte das Fehlen eines UN-Mandates heilen. Deshalb frage ich die Bundesregierung ausdrücklich: Weshalb haben Sie das bisher nicht getan?«

Warum ist eine EU-Mandatierung nicht verfassungskonform? Ganz einfach, weil die EU bisher zwar den Friedensnobelpreis erhalten hat, aber dennoch vom Bundesverfassungsgericht (BVerG) bisher nicht in den Status eine „kollektiven Sicherheitssystem“ erhoben worden ist. In ihrem Lissabon-Vertrags-Urteil 2009 formulierte das Gericht nämlich: »Auch wenn die Europäische Union zu einem friedenserhaltenden regionalen System gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art.  24 Abs.  2 GG ausgebaut würde…« (BVerG-Urteil, Ziffer 255) Daraus kann man umgekehrt schließen, dass die EU nach Ansicht des BVerG eben das aktuell nicht ist!

Den entsprechenden Status hat das BVerG richtigerweise der UNO und seit 1994 fälschlicherweise auch die NATO verliehen. Denn eigentlich zeichnet sich ein kollektives Sicherheitssystem dadurch aus, das es potentielle Gegner in einem System vereint. Z.B. sind Russland, Nordkorea, Syrien, Iran oder der Sudan UN-Mitglieder, aber keineswegs EU- oder NATO-Mitglied.

Vor diesem Hintergrund muss man bekümmert feststellen, dass die GRÜNE Bundestagsfraktion also derzeit (mehrheitlich) der Ansicht ist, dass die Bundeswehr auch entgegen der Rechtsprechung des BVerfG im Ausland eingesetzt werden soll!

Wer mit der entsprechenden kreativen Steilvorlage für Bundesregierung nicht einverstanden ist und die abenteuerliche Rechtsauffassung kritisiert, kann als GRÜNES Mitglied übrigens noch den Aufruf der GRÜNEN FRIEDENSINITIATIVE „Humanitäre Offensive statt Bundeswehr-Mission im Nordirak!“ unterschreiben:

Aufruf der GRÜNEN FRIEDENSINITIATIVE „Humanitäre Offensive statt Bundeswehr-Mission im Nordirak!“

 

Wilhelm Achepöhler, Münster

Uli Cremer, Hamburg

16.1.2014

 

Comments

  1. Da habt ihr recht: Es ist schon sehr abenteuerlich, wie
    Christoph Schmidt verfassungsrechtliche Ebenen umkurvt und
    wie BDK-Beschlüsse ausgehebelt werden.
    Beschliesst der Bundestag mit Hilfe der Fraktion Bündnis90/Die
    Grünen die sogenannte Ausbildungsmission- ist die weitere
    Rutschbahn hinsichtlich weiterer militärischer Intervention
    schon absehbar: Nachträglich wird das Ja von Angela Merkel
    aus dem Jahre 2003 zum Irak-Krieg der Willigen dann noch
    legitimiert!


    Heinz D. Kappei
    17. Januar 2015
  2. Lieber Uli!

    Vielleicht sollten wir zur Kenntnis nehmen, dass um uns herum die Unfriedlichen unterwegs sind. Das sind keine Kriege, wie 39 oder 14-18 wo die Völker aufeinander losgingen, sondern das sind barbarische Verbrecher, die sich als Islamisten, Seperatisten u.a. tarnen. Wir müssen uns genau überlegen, was wir zum Schutz unseres Landes und unserer Bürger und der über 50 Millionen Vertriebenen tun wollen oder gar tun müssen. Entweder Verstärkung im Inneren, um allen Feinden zu wehren oder Durchsetzung und Unterstützug des Rechts neben humanitärer Hilfe. Wir können nicht auf der einen Seite etwas aufbauen, was auf der anderen Seite wieder von Verbrechern eingerissen wird. Saudi-Arabien sollten wir stärker in den Blick nehmen. Wir müssen genau wissen, was dieser Staat mit dem IS-Terror zu tun hat.Ich möchte nicht von meinen Kindern hören „was habt Ihr denn damals dagegen getan?“

    Gruß

    Bernhard


    Schwanzar Bernhard
    17. Januar 2015
  3. Da habt ihr recht: Es ist schon sehr abenteuerlich, wie
    Fritjof Schmidt verfassungsrechtliche Ebenen umkurvt und
    wie BDK-Beschlüsse ausgehebelt werden.
    Beschliesst der Bundetag mit Hilfe der Fraktion
    Bündnis90/Die Grünen die sogenannte Ausbildungsmission- ist
    die weitere Rutschbahn hinsichtlich weiterer militärischer
    Intervention schon absehbar: Nachträglich wird das Ja
    von Angela Merkel aus dem Jahre 2003 zum Irak-Krieg der
    ‚Willigen‘ dann noch legitimiert!


    Heinz D. Kappei
    18. Januar 2015

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